Qualitätskriterien in der Fotografie

Wie stellt man die Qualität in der digitalen Fotografie fest?

Fotograf (c) Harald Mizerovsky | Model: Christian Kober
Nikon D5200 | 35 mm Weitwinkel | F 2,2 | 1/125 | ISO 100 | Originalgröße 5413 x 3911 Pixel | 3 Blitzgeräte
Wenn sich zwei Fotografen über ein Foto unterhalten, kann das ein längeres Gespräch werden. Der Laie findet eine Bildbesprechung vielleicht als langweilig und überflüssig. Ihm reicht die Beurteilung "Gefällt mir" oder "Gefällt mir nicht". Allerdings sind viele Faktoren zu beachten, um Fotos zu schaffen, die den meisten Betrachtern gefallen. Mit dem Medientechniker Tino Ranftl als Gesprächspartner habe ich versucht, den Qualitätskriterien auf den Grund zu gehen. Das Interview kann nur eine Meinung darstellen und ist genauso nicht 100-prozentig objektivierbar, wie die Feststellung der Qualität eines Fotos. Im Zeitalter, in dem sehr viele Menschen einfach mit dem Smartphone fotografieren, stellt sich auch die Frage, warum Fotografen so hohe Investitionskosten haben. Reicht nicht auch ein Handy für gute Fotos?

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Wer stellt die Qualität fest?

Wer hat das Sagen, der Kunde oder der Fotograf? Auch wenn der Fotograf das Wissen hat, beurteilt der Kunde die Qualität rein subjektiv. Das ist nicht schlimm, weil das mit allen von Menschen geschaffenen Werken auf diese Art abläuft. Wenn der Konditor eine kunstvoll geschmückte Torte herstellt, beurteilt auch der Kunde das Werk nach seinem Geschmack. Wenn der Konditor allerdings statt Zucker, Salz erwischt, hat niemand eine wirklich Freude mit der wunderschönen Torte.

Kann so etwas auch Fotografen passieren? Gerade dann, wenn sie den Kundenwunsch und die Zielvorstellungen des Kunden nicht erfragen, können sie übers Ziel weit hinaus schießen oder in der Interpretation des Kundenwunsch völlig falsch liegen.

Kriterien wie Bildlook, Farbraum, Bildaussage können eben weit auseinander liegen. Möchte der Fotograf ein Meisterwerk schaffen, anstatt die Wünsche und Vorstellungen des Kunden zu treffen, kann sein Meisterwerk beim Kunden durchfallen. Freie Arbeiten dürfen nach eigenen Vorstellungen durchgeführt werden, aber kein Auftrag.

(c) Fotografie Harald Mizerovsky
Nikon D5200 | 25 mm | F 4 | 1/500 | ISO 100 | Weißabgleich automatisch

Nehmen wir als Beispiel die Porträtfotografie unter die Lupe

Viele Menschen sind es einfach nicht gewohnt vor der Kamera zu posieren. Sie haben es auch nie gelernt. Außerdem sind sie bisher vielleicht nur geknipst worden, also im falschen Licht abgebildet worden und denken deshalb, dass sie nicht fotogen sind. Manche leiden auch unter dem falschen Glauben, dass sie nicht schön genug sind oder sind mit dem eigenen Körper unzufrieden. Andere wiederum sind zurückhaltend und haben ein zu geringes Selbstwertgefühl. Hier wird die Qualität des Fotos nicht von der zur Verfügung stehenden Technik, sondern von der Empathie dem Kunden gegenüber wesentlich beeinflusst. Dem Kunden das Gefühl der Sicherheit zu geben, Ängste (die übrigens die Wenigsten zugeben) in einer Atmosphäre des Wohlfühlens abbauen lassen, ist dann die Devise.

(c) Fotografie Harald Mizerovsky
Model Verena Gruber | (c) Foto Harald Mizerovsky

Gibt es überhaupt objektivierbare Qualitätskriterien?

Ein Liter Milch ist ein Liter Milch und 10 Millimeter sind 10 Millimeter. Ein Foto, das man am Bildschirm sieht ist nicht nur ein Bild, sondern eine digitale Datei mit unglaublich vielen Zusatzinformationen, die der Betrachter nicht sieht.

Informationen die in der Datei gespeichert sind:

  • Dateiformat
  • Pixelanzahl
  • Druckauflösung (dpi = dots per inch)
  • Von welcher Kamera stammt die Aufnahme?
  • Welches Objektiv und welche Brennweite wurde verwendet?
  • Blende
  • Belichtungszeit
  • ISO Lichtempfindlichkeit
  • Wurde ein Blitz verwendet?
  • Wie war der Weißabgleich eingestellt?
  • JPEG-Qualität
  • Farbraum
  • usw.
Alle Werte, die man physikalisch messbar nachweisen kann, sind objektive (harte) Qualitätskriterien. Wenn man weiß, wie groß und für welchen Zweck ein Foto gedruckt werden soll, wird man die dpi entsprechend verändern. Verlangt der Kunde ein Großformat und erhält eine Bildschirmauflösung, wurde der Auftrag nicht richtig erfüllt.

Die weichen Qualitätskriterien in der Fotografie

Bildkomposition, Lichtführung, Perspektive, Farbgebung, Formen und Symbole sind im Gegensatz zu den harten Kriterien wie Blende, Belichtungszeit, Sensorgröße ISO usw. die "weichen" Kriterien. Wenn nun die Beurteilung durch den Betrachter erfolgt, der von allen diesen harten Kriterien keine Ahnung hat, spielen eben andere Dinge eine wesentliche Rolle. Ist der Betrachter ein visueller Wahrnehmungstyp? Was ist seine Lieblingsfarbe? Welche Formen und Symbole beeinflussen ihn?

Darüber hinaus, zeigt der Betrachter das Foto anderen Menschen in seiner Umgebung und erhält Feedbacks, die seine Meinung zum Foto wieder ändern können.

Immer wieder kommt es vor, dass eine porträtierte Person, obwohl sie positives Feedback vom Umfeld bekommt, selbst nicht zufrieden ist. Das hat aber dann weniger mit der Qualität des Fotos, sondern mit dem eigenen Selbstwert zu tun.

Kann die Qualität durch Kommunikation gesteigert werden?

(c) Fotografie Harald Mizerovsky
Bei Fotoreportagen und in der Sportfotografie muss man blitzschnell sein

Gut Ding braucht Weile. Fotografen sollten auch eine hohe kommunikative Kompetenz und Empathie in den Job mitbringen. Das technische Wissen und die künstlerische Kreativität sind nur zwei Faktoren um Fotos zu schaffen, die auch der Mehrheit der Betrachter gefallen. Kommunikation benötigt Zeit und Geduld. Wer keine Zeit hat, sollte gar nicht erst anfangen zu fotografieren. Wie immer bestätigen Ausnahmen die Regel. Fotoreporter müssen einerseits geduldig sein, aber wenn etwas passiert zählt die Geschwindigkeit und nicht unbedingt die Bildkomposition.

Im Auge des Betrachters

Letztendlich liegt es im Auge des Betrachters, ob ein Foto als qualitativ hochwertig erscheint und das Foto gefällt. Wer schon mal bei Fotowettbewerben mitgemacht hat, weiß dass die Geschmäcker sehr unterschiedlich sein können. Mit der Jury sind meistens nur die Ausgezeichneten zufrieden. Fotoamateure haben den Vorteil, dass sie die Fotos für sich selbst machen und wenn es ihnen selbst gefällt, was sie kreativ schaffen, dann ist die Welt in Ordnung.


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(c) Harald Mizerovsky
Fotograf | Fototrainer | Sachbuchautor
https://www.mizerovsky.com

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